09.06.2014 Unwetterlage in NRW- Shelfcloud bei Eschweiler
Das ewige Meterologische Gleichgewicht wurde durch die tropische Hitze der vergangen Tage gehörig ins Ungleichgewicht gebracht. Dieses sollte heute wieder ausgeglichen werden. Die Begleiterscheinungen waren Blitz, Sturmböen, Regen, Hagel, unglaubliche Wolkenformationen. All dies mit einem verheerendem Ausgang!
Sehr großer Bericht, mit vielen Bildern - es muss mit einer längeren Ladezeit gerechnet werden!
An diesem Tag haben die Modelle eine Lage der extraklasse errechnet. Alle Wetterdienste setzen Ihre Vorwarnungen die später noch weiter konkretisiert werden sollten. Wie man hier sehen kann hat Estofex für NW-Deutschland, Niederlande, Belgien und Frankreich ein Level 3 vorhergesagt. Ein Level 2 sollte es auch bis ins Landesinnere schaffen.
Quelle: www.estofex.org
Gewarnt wurde vor sehr grossem Hagel, zerstörerischen Windböen, Tornados und starkem Niederschlag. Der ganze Cluster bildete sich über Frankreich und zog über Belgien wo sehr viel Energie in der Luft gebunden war, richtung Niederlande und NW-Deutschland. Taupunkte um 20°C waren unter anderem ein großer Antrieb für ein Unwetter welches sich sehen lassen sollte. Zu dem Zeitpunkt wo die ersten Anzeichen für ein großes Unwetter im Raume standen, haben wir ein kleines Meeting gestartet und überlegt wie wir die ganze Situation einschätzen sollten und schlussendlich mit Ihr umgehen können. Dieses Ereignis sollte schon eine "Hausnummer" werden, das war uns klar.
Quelle: www.estofex.org
Gegen Mittag konnte man schon die ersten Vorboten für ein"Gewitter" sehen - Castelanusbewölkung (Zinnenförmige Wolkenstruktur). Zu dieser Zeit machten sich schon einige von uns auf den Weg richtung Nord-West. Dieses Bild entstand in Fröndenberg.
Ein paar Minuten später konnte man auch "Schwerewellen" sehen die auf Konvektion schliessen lässt. Wobei es bei der Definition Schwerewellen zwei meinungen gibt, beide beschreiben aber die veränderung der Atmosphäre und können als Indikator für einen bevorstehenden Frontendurchgang in den nächsten 6-7 Stunden dienen.
Vorlaufend entstanden auch schon die ersten kleinräumigen Zellen die den ein oder anderen konvektiven Niederschlag in Form von dicken Torpfen abregenen liessen. Und zu aller Verwunderung hingen unter der Eisschirmunterseite auch schon die erst Mamatusansätze. Die Atmophäre kondensierte langsam aber sicher aus und die ein oder andere Blitzendladung fand den weg zum Boden.
Ein Stück weiter (Standort: Do-Flughafen) brodelte es dann aber Richtig. Überall konnte man CumulusCongestusbewölkung ausmachen, die dann in Ihrer vollen Pracht zu Cumulonibus auskondensierten. Richtung Hagen, wo Christoph wohnt war dann die erste "fette Schütte" in vollem gange. Das ein oder andere Ereignis war in seiner schwere schon Meldebedürftig.
Dies sollte das Startsignal dienen für alle anderen Teammitglieder die noch nicht Richtung NW-NRW aufgebrochen sind dies zu tun.
Unter Wetterpool.de konnte man das sehr gut sehen wie sich die ganze Meute auf den Weg machten. Wetterpool ist eine Plattform die es erlaubt sich per GPS Tracken zu lassen, das heißt man kann auf einer Virtuellen Landkarte den verbleib jedes einzelnen Chasers genau und Zeitnah mitverfolgen. So lässt sich ein Chasing sehr gut Managen um ein Gewitter quasi von allen seiten zu Beobachten und Dokumentieren.
Zu diesem Zeitpunkt standen Felix, Elmar, Tobias und Ricardo in der Nähe von Eschweiler. Patrick und Daniel waren auch in der Nähe und beobachteten die Gewitterzelle. Lars eierte auch langsam Richtung Westen
Erstmal musste ein perfekter "Spottingpoint" gefunden werden, wenn möglich mit Straßenanbindung für den schnellen Rückzug. Das Team teilte sich zu dem Zeitpunkt in mehrere Gruppen auf. Einige musste auch zu Hause bleiben da wir leider nur begrenzte Fortbewegungs besitzen.
Mit der Zeit kristalisierten sich erste Strukturen aus dem grauen Allerlei. Im Hintergrund sieht man einen, ich würde es als leichten Schleier oder als ein Band beschreiben. Über uns Bildenten sich die ersten Mamatusansätze. Unmittelbar tauschten wir uns per Handy über das gesehene aus.
Jetzt trauten wir unseren Augen nicht.Die Mamaten wuchsen zu riesigen Beulen herran, wie man sie hierzulande nicht so schnell zu Gesicht bekommt. Der erste gedanke war, USA-like!
Sie kommt! Man war das ein Anblick als die ersten Blitze zuckten und das im Sekundentakt. Langsam konnte man im schmalen Band am Horizont Strukturen erkennen. Fractus - stark zerfetzte Ränder genauso sich rasch ändernde Umrisse! Dies deuteten wir als starke Winde mit turbulentem Verhalten.
Kurzes Handyvideo
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Auf dem hier nicht so hoch Auflösendem Radarbild (Wir verwenden intern hochauflösende Radarbilder zur Wetterbeobachtung und Abschätzung der Zugrichtung) kann man schon recht gut die formation von Belgien kommend sehen.
Quelle: www.skywarn.de
Dann Bildete sich direkt vor uns ein so genanntes Bowecho (Definition findet man hier Bogenecho ) welches uns dann in höchste Alarmstufe versetzte, da aus einem Bowecho schwere Sturmböen die Orkanstärke erreichen, hervorgehen können. Auch Tornados sind zu dem Zeitpunkt nicht auszuschließen! Da heißt es dann nur Schutz suchen und wenn möglich andere Menschen warnen. Mit solch einer Wettererscheinung ist nicht zu Spaßen.
Quelle: www.skywarn.de
Nach ca. 20min erhielten wir diesen atemberaubenden Blick auf das Unwetter. Zu sehen ist hier eine sogenannte Shelfcloud.
Dieses Panoramabild zeigt nun die ausgeprägte, und mehr als beeindruckende Shelfcloud, welche sich direkt auf uns zu bewegte. Wir konnten uns allerdings rechtszeitig unterstellen, sodass wir Schutz vor den schweren Sturmböen und dem extremen Starkregen hatten. Auch klein körniger Hagel mischte sich unter den Niederschlag.
Diese sicht auf das ganze Unwetter hatten Felix,Elmar,Tobias und Ricardo....
Ungefähr zur gleichen Zeit konnte Lars die Shelf in Jülich sehen
Daniel und Patrick sahen das ganze wiederum so.
So kann man sehen wie unterschiedlich die Perspektive des doch gleichen Geschehens haben kann wenn man ein Unwetter von unterschiedlichen Orten aus dokumentiert.
Kurzes Handyvideo
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So, gleich vorab möchte ich betonen das diese Bilder freiwillig und mit Kenntnisnahme des Risikos eines Hagelschadens enstanden sind. Denn ab hier kann es gefährlich werden da man nicht einfach abschätzen kann ob Hagel im Inneren dieses Monsters produziert wird und dann als Wurfgeschosse dein Auto sehr stark beschädigen kann. Immerhin kann Hagel von etwa 2cm Durchmesser schon eine Fallgeschwindigkeit von 70 km/h haben!
Zum glück war das nicht der Fall und als erstes sah man unter dem Whale's Mouth wie der Staub von den Feldern aufgewirbelt wurde. Der Wind wurde von Sekunde zu Sekunde auch immer stärker, so das es fast unmöglich war sich ausserhalb des Autos aufzuhalten (Hier muss ich nochmal deutlich darauf hinweisen das es sehr Gefährlich ist sich zu diesem Zeitpunkt ausserhalb eines Schutzes aufzuhalten!!!).
Es konnte eine Windgeschwindigkeit von 37m/s = 133Km/h gemessen werden.
Zu guter letzt hab Tobi dann noch einen kleinen aber doch genialen Film produziert.
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Durch die hohen Windgeschwindigkeiten gab es in den betroffenen Regionen natürlich auch zahlreiche Schäden. Die Meteomedia Wetterstation am Düsseldorfer Flughafen zeichnete Böen um 140KM/h auf.
Durch dieses Unwetter, die Presse spricht von "Eines der schlimmsten Unwetter seit Jahren" starben sechs Menschen. Autobahnen waren für mehrere Stunden gesperrt, der Bahnverkehr war für Tage nur eingeschränkt nutzbar.
Einen gesonderten Bericht über die Schäden ist HIER zu finden.